Autorin Heike Knauber an der See
(Copyright: Heike Knauber)

1. In Deinen Händen hältst Du Welten. In Deinem Herzen werden sie erschaffen, in Deinem Kopf genährt. Aber wer bist Du? Erzähl uns etwas über Dich!

Als Kind stand ich immer staunend vor den Bücherregalen meiner Tante. Bücher ohne Ende. Dabei hatten es mir vor allem die Exemplare angetan, von denen es hieß, ich sei entweder zu jung oder sie würden mir nicht gefallen, weil ich ein Mädchen bin. Die zerlesenen Perry-Rhodan-Romane von meinem Cousin oder Bücher von Pearl S. Buck (Das Mädchen Orchidee), Marion Zimmer Bradley (Die Nebel von Avalon) oder Noah Gordon (Der Medicus). Müde aber glücklich von meinen nächtlichen Lese-Eskapaden bin ich morgens zur Schule geschlurft, um in Mathe und Physik träumend aus dem Fenster zu sehen. Das konnte nicht gutgehen. Zumal ich nach meiner Ausbildung als Buchhalterin unwiderruflich in der Welt der Zahlen gestrandet war. Bücher ja. Aber über Fakten und Unternehmenszahlen. Damit war ich überhaupt nicht da, wo ich eigentlich hin wollte. Nämlich raus in die Welt. Befallen von „wanderlust and highway dust“ bin ich in den Vertrieb eines internationalen Industrie-Software-Konzerns gewechselt. Fortan war ich über ein Jahrzehnt kreuz und quer durch die Welt unterwegs. Von Paris nach Portugal und Spanien über Colorado zurück nach Norwegen und Schweden bis ganz in den Sonnenaufgang nach Singapur.

2. Das bist also Du! Und die oben erwähnten Welten? Was möchtest Du uns zu ihnen sagen? Was kannst Du erzählen?

Ständig in Flugzeugen und Zügen und an den Wochenenden am anderen Ende der Welt in einem Hotel habe ich das Schreiben für mich entdeckt. Dabei stand für mich von Anfang an fest, dass ich in meinen selbsterschaffenen Welten „Mittelerde“ bzw. Europa unbedingt verlassen wollte.

3. Was löst das Schreiben in Dir aus? Wie fühlt es sich an? Welche Bilder hast Du im Kopf, welche Art Feuer brennt in Deinem Herzen, welches Orchester spielt in Deinem Kopf?

Am Anfang jeder Idee verfolgt mich eine Art „Trailer“ im Kopf. Szenen, von denen ich noch nicht so genau weiß, wie sie zusammenhängen oder -passen. Meine Phantasie mischt Mythen und Legenden, die mich faszinieren mit Orten, an denen ich im realen Leben gewesen bin. Die Wüste. Das Meer. Und seine Geheimnisse. Eine Protagonistin, die das ist, was in „Der Herr der Ringe“ der Ring. Klingt verrückt. Aber in einem solchen Trailer-Moment war die Roman-Idee zu „Najaden – Das Siegel des Meeres“ geboren.

4. Wer spielt Deine Muse? Und wie hältst Du sie fest?

Zur Muse wird alles, was mit den Bildern in meinem Kopf konvergiert. Das kann ein Film sein. Ein Gesicht. Eine Landschaft. Irgendetwas, was dieses vage Gefühl in eine zündende Idee verwandelt und in mir ein Feuer entfacht. Ich habe einiges von der Welt gesehen. Ich habe Asien vom Mittleren Osten bis nach Indonesien bereist. Ich  war im Dschungel. In den Bergen. In der Wüste. Auf und jenseits der Dünen und ganz oben auf einem rauchenden Vulkan.

5. Abseits von dem »Ich möchte davon leben«, welchen Traum hast Du? Welcher Traum hält Deinen Geist wach? Er muss nicht einmal mit dem Schreiben zu tun haben. Oder groß sein.

Die Pandemie hat das Reisen zeitweise unmöglich gemacht. Trotzdem träume ich davon, wieder zurück in die Welt zu dürfen. Ferne Orte sehen, die mir neue Geschichten einflüstern.

6. Welches war Dein Lieblingsrecherchethema und wie bist Du es angegangen? Oder warst du vorher bereits in dem Thema bewandert (wie Bogenschießen) und hast es Dir deswegen mit zur Aufgabe gemacht, es einzubauen?

Historische Themen sind meine Leidenschaft. Außerdem stöbere ich für mein Leben gern in Büchern über Sagen und Legenden. Alte Mythen sind wie Samen, die lange an einem vergessenen Ort geruht haben oder im Wüstenstaub. Ins Licht geholt und mit Neugier und Kreativität gegossen, treiben sie dann zu neuem Leben aus. Wenn ich privat eine Reise plane, suche ich mir gerne Orte aus, um die sich Mythen und Legenden ranken.

Drei solcher faszinierenden Orte findest du in meinem Roman „Najaden Das Siegel des Meeres“. Der Meerestempel, in dem meine Romanheldin Meliaé einige Zeit verbringt, ist solch ein Ort. Er existiert wirklich: „Pura Tanah Lot“, ein Hindutempel, in dem es heilige und giftige Meeresschlangen gibt. Der „Pura Tanah Lot“ liegt vor der Küste der indonesischen Insel Bali. Für einen anderen Romanschauplatz hat die Felsenfestung Sigiriya, auf Sri Lanka, die Vorlage geliefert. Ein anderes Beispiel ist die Felsenstadt Petra in Jordanien. Auch diese mythischen Orte findest du in leicht veränderter Form im Roman. Ich liebe es, reale Orte, von denen ein magischer Zauber ausgeht, in meine Geschichten einzubauen.

7. Welcher Moment im Autorenleben hat Dich so richtig zum Lachen gebracht?

Das war der Moment, als die zuerst angeschrieben Literatur-Agentur innerhalb von 24 Stunden auf meine Romaneinsendung reagiert hat. Ich hatte mich auf Wochen und Monate der Ungewissheit eingestellt und dachte nur: „Das ist ein Scherz. Die machen Witze! Nein. Kein Scherz! Die wollen das vollständige Manuskript!  

8. Welcher Moment im Autorenleben konnte Dich sehr glücklich machen und wie?

Das erste Telefonat mit meiner Lektorin bei Blanvalet.

9. Welcher Moment im Autorenleben hat Dich den Tränen nahe gebracht und weshalb?

Das war der Moment, als meine Agentur mir während der Buchmesse Frankfurt 2017 anrief und mir mitteilte, dass sich gleich mehrere Publikumsverlage für mein Debüt interessieren.

10. Herrje, herrje, wie die Zeit vergeht. Bist Du ein schneller Tipper oder eher ein Gemächlicher? Oder mal so, mal so?

Im Moment arbeite ich an einer großen Geschichte. Über ein Jahr Arbeit am Weltenbau und der Entwicklung der magischen Wesen und Charaktere liegen hinter mir. Meine neue Welt ist episch. Noch nie habe ich so viel Zeit und Liebe in die Entwicklung der Welt und der Charaktere investiert. Es gab Tage, da wollte ich alles hinschmeißen. Der Plot hatte viele Lücken, die sich nicht schließen lassen wollten. Diese Geschichte, die ein Mehrteiler wird, braucht Zeit. Ich teste gerade neue Grenzen aus. Lerne mich dabei als Autorin selbst neu kennen.

11. Gehörst Du zu einer Schreibgruppe (wie Schreibnacht oder private Gruppen)? Nimmst Du am NaNo teil? Und wenn ja, wie? Nur im November oder auch bei den Camp-NaNos?

Mit der Schreibgruppe KommPlot geben wir Ende November eine Anthologie raus. Schaut mal unter: https://kommplot.com/

Die Strategie hinter NaNoWriMo ist nichts für mich. Ich würde sogar so weit gehen, dass sie nicht für jedes Genre funktioniert und sich auch nicht für mehrteilige Projekte mit komplexer Handlung eignet. Bevor ich Szenen und Kapitel schreibe, recherchiere ich ausführlich. Dazu gehört auch, dass ich viel lese. Zumeist Fachbücher. Über bestimmte Kulturkreise, geschichtliche Epochen und anderes trockenes Zeug. Da kommt wohl die Buchhalterin in mir durch. Wenn ich dann ein Thema habe, beginne ich mit der Charakter Entwicklung. Auch dafür brauche ich viele Monate. Ich schreibe Biografien, erstelle psychologische Profile und dabei entstehen erste Handlungsimpulse. Das alles würde sich mit der NaNoWriMo-Strategie nicht vereinbaren lassen.

12. Hast Du ein Schreibritual und wenn ja, wie sieht dieses aus? Zum Beispiel einen bestimmten Ort, an dem Du schreibst. Ein bestimmtes Getränk bei Dir (wie Kakao) oder eine Atemübung vorher?

Durch meinen Beruf, der mich durch die ganze Welt geführt hat, und hoffentlich bald wieder führen wird, kann ich überall schreiben. Im Flieger. Am Flughafen. Im Hotel. In einem Strand-Café. Am liebsten aber schreibe ich zuhause. Ich habe mir ein Büro eingerichtet mit Schreibtisch und Gartenblick.

13. Welche Schriftart benutzt Du am liebsten? Oder passt Du es an jeden Charakter oder zumindest jedes Buch neu an? Wenn ja, worauf achtest Du dabei?

Ich schreibe meine Projekte in Papyrus und benutze die Normseiten-Einstellung. Ich brauche es schlicht und schnörkellos.

14. Gibt es eine Frage zu einem Deiner Projekte, auf die Du schon die ganze Zeit wartest? So etwas wie »Warum hast Du Dich dazu und dazu entschieden«? Wurde diese Frage mittlerweile mal gestellt? Magst Du sie uns verraten oder andeuten? Warum wartest Du darauf?

»Wie bist du darauf gekommen über Najaden zu schreiben? Wolltest du schon immer über Meerjungfrauen schreiben?«

Antwort: Najaden sind streng genommen keine Meerjungfrauen. Ich wollte über Sagengestalten schreiben, über die noch niemand geschrieben hat. Elfen und Meerjungfrauen sind bekannt. Drachen auch. Hexen und Vampire sowieso. Warum also nicht über Najaden? Zumal es reichlich Inspiration in den Oden (Siegeslieder) des griechischen Dichters Pindar gibt. Najaden sind die Nymphen der Seen, Teiche, Quellen, Flüsse aber auch der Meere. Viele Künstler haben sich von den Najaden inspiriert gefühlt. Mich haben unter anderem ein Bild Gustave Doré – Die Najaden des Meeres (um 1870) – und der Najaden-Brunnen in Rom, den Fontana delle Naiadi – zu meiner Interpretation dieser magischen Geschöpfe angeregt.

15. Hast Du ein aktuelles Projekt? Wie heißt es? Wo oder ab wann findet man es? Worum geht es?

Ja, ein neues High-Fantasy Epos.
Genaueres kann ich erst berichten, wenn der VÖ-Termin ansteht …

16. Nutzt Du ein Pseudonym? Wenn ja, wie ist es dazu gekommen, weshalb genau dieser Name? Was möchtest Du uns dazu erzählen?

In der Fantasy werde ich wahrscheinlich weiter unter meinem Klarnamen schreiben. Ich überlege aber, auf ein Pseudonym umzusteigen. Dafür gibt es mehrere Gründe. Einer davon ist, dass Werk und Autorin leichter auseinander zu halten sind.

17. Gerade (aber nicht nur) wenn Du ein Pseudonym nutzt, weiß Dein Umfeld, dass Du schreibst? Und veröffentlichst?

Alle in meiner Familie wissen, dass ich schreibe.

18. Möchtest Du jemanden grüßen? Hier kannst Du Dir die Zeit dazu nehmen.

Mein Gruß geht an alle Bücherseelen. Alle, die ihre Nasen gerne in Bücher stecken, sich von phantastischen Geschichten verzaubern lassen oder sich selbst welche ausdenken und schreiben.

19. Wo im Internet findet man Dich? Hier ist genügend Platz für Deine Links.

Verlagsseite Autorin

Special zum Buch auf der Verlagsseite

Heike Knauber

Verlagsseite mit Link zum Buch

Facebook Autorenseite

20. Möchtest Du abschließend noch etwas sagen?

Hinter jedem Buch stehen ein Mensch und seine Träume.
Die ganz persönliche Reise über den eigenen Horizont.

Heike Knauber - Najaden: Das Siegel des Meeres (blanvalet Verlag)
(Copyright: blanvalet Verlag)

Zusatzteil!

Wir hatten auch gefragt, worauf die Autoren Lust hätten, darum gibt es jetzt noch ein paar andere Fragen!

21. Es ist leider ein elendes Thema, aber auch ein Wichtiges: Wie hat Corona sich auf Dein Schreiben ausgewirkt? Damit meinen wir alles (was Du uns an Informationen geben möchtest). Verkäufe, Storyideen, Werbung etc. Was hast Du, positiv und negativ, als Lehre für Dich daraus gezogen?

In der Isolation zu schreiben, war für mich als Zugvogel besonders schwer.
Inzwischen bin ich in der Situation angekommen und vieles hat sich glücklicherweise durch die Impfung auch normalisiert.

22. Was war für Dich eine Schwierigkeit bei den Charakteren?

Anfangs fällt es mir immer schwer, mich in die Gedanken- und Gefühlswelt meiner Figuren hineinzuversetzen. Deshalb verbringe ich viel Zeit mit ihnen und lasse sie ständig in meinem Kopf herumspuken.

23. Möchtest Du einen gewissen Standpunkt oder eine gewisse Moral vertreten oder willst Du vorrangig unterhalten?

In der Belletristik empfinde ich erhobene Zeigefinger und moralische oder politische Botschaften als unangebracht. Geschichten erweitern im besten Fall den Horizont. Dazu müssen sie aber ihre eigenen Gesetze, Wahrheiten und Lügen mitbringen dürfen. Eine Geschichte ist keine Anleitung zur Weltanschauung oder Lebensgestaltung. Auch müssen Bücher nicht jedem gefallen. Für einige Bücher ist man zu jung. Für andere zu alt. In einige wird man nie hineinfinden. Bücher dürfen über ferne Vergangenheiten spekulieren und über eine mögliche Zukunft. Kunst muss frei bleiben. Insbesondere frei von radikalisierten Ideologien.