Kia Kahawa - Nachklang der Hoffnung (Nova MD)
(Copyright Cover: Kia Kahawa / Copyright Foto: Das Bambusblatt)

Mit dem heutigen Tag, dem 11. Dezember 2020, erscheint nicht nur die Rezension unsererseits zu diesem Werk, sondern auch das eBook von „Nachklang der Hoffnung“ von Kia Kahawa, die uns ein Exemplar freundlicherweise zur Verfügung gestellt hat.

Marlon und Alenia sind ungefähr im selben Alter. Sie kennen sich nicht, aber sie haben auf verquere Weise mehr miteinander gemein, als man auf den ersten Blick denken würde.
Marlon ist der gutsituierte Sohn einer Geschäftsfrau, der unter stetigem Leistungsdruck steht und dabei die Freiheit eines normalen Teenagers vermisst.
Alenia ist für ihr Alter schon sehr erwachsen, kümmert sich mit um ihre Oma, ihre älteren und jüngeren Schwestern und um ihre kleine Nichte.
Marlon will seinem Käfig entkommen und geht auf der Suche nach Freunden über Grenzen.
Alenia leidet unter Menschen, die diese Grenze bereits überschritten haben.

Nachdem die Autorin uns beim Bambusblatt anschrieb, ob wir nicht Lust hätten, „Nachklang der Hoffnung“ zu lesen und zu rezensieren, musste ich einfach ja sagen. Mir gefiel das Cover sehr gut und alles andere, was ich von dem Buch erfahren habe, ebenfalls.
Vor allem sprach es mich an, weil ich selber unter langem Mobbing gelitten habe und noch immer viele der Auswirkungen am eigenen Leib erfahre.
Da ich starke Legasthenikerin bin, meine Eltern nicht viel Geld haben und ich trotz Sport schon als Kind dicklich gebaut war, war ich das perfekte Opfer. Dazu kam, dass man mir so oft sagte, dass ich mich nur anzupassen brauchte, aber das konnte ich nicht, denn dann wäre ich nicht ich selbst. Ich bin und war nie ein Mensch, der den Sommer liebt oder gerne Kleidung shoppt.
Alenias Ansichten, dass sie „das perfekte Opfer sei und es nicht anders verdient habe, da sie hässlich und anders sei“, haben mir dabei direkt einen Stich ins Herz versetzt. All diese Gedanken hatte ich nicht nur auch, viele sind auch immer noch da. Ich gehe die Straße entlang und sehe ein schönes Oberteil, aber ich kann es weder anprobieren noch kaufen, da ich immer nur meinen Bauch sehe und mich nicht würdig fühle, mich als Frau oder gar als hübsch anzusehen. Ich habe es nicht „verdient“, mich schön zu machen oder schön zu fühlen.
Dass ein Buch so auf diese Themen eingeht, fand ich wirklich gut. Ich habe an den Seiten gehangen und habe mit Alenia mitgelitten.
Auch Marlon tat mir am Anfang leid. Bis er die Arbeitskraft der Reinigung als jemanden abtut, der damit sein Leben verschwendet, ab da war es mit der Sympathie gleich vorbei, auch wenn er mir im Laufe der Handlung dennoch Mitleid abringen konnte.
Der Schreibstil war dabei flüssig und gut zu lesen und die Sichtwechsel haben Spaß gemacht. Einen Spannungsbogen gab es auch, auch wenn „Nachklang der Hoffnung“ eher von den Charakteren gelebt hat.
Zwar hätte ich mir gewünscht, dass sich hier und da mehr Zeit genommen worden wäre, um Szenen oder Begebenheiten auszuweiten, und auch der Moment, da Alenia einen ganz wichtigen Brief bekommt, die Szene aber gleich durch eine andere unterbrochen wurde, war mir etwas zu viel auf einmal, aber das ist auch schon so ziemlich der einzige Kritikpunkt, den ich äußern kann.
Kia Kahawa berichtet nicht einfach nur so und sie widmet auch einen Großteil des Schlusswortes allen Betroffenen, die nach Hilfe suchen, denn man ist nie so allein, wie man sich selbst fühlt.

Mein Fazit

„Nachklang der Hoffnung“ ist ein unglaublich schönes, jedoch auch sehr emotionales Buch, das auch versucht, den Tätern eine Stimme zu geben, und nicht nur verurteilt.
Es ist ein Buch, das mir sehr ans Herz gegangen ist, schließlich war ich selbst in der Situation eines Opfers und die Narben, die dort zugefügt werden, verschwinden oft nur langsam und viele davon verblassen auch nur.
Es ist ein Buch, das ich jedem empfehle. Ob man selbst mit all dem nie etwas zu tun gehabt hat. Ob man nur zusieht oder zugesehen hat. Ob man selbst ein Opfer war oder ist. Ob man zu den Tätern gehört oder gehörte.
Wir haben einen guten Schreibstil, verborgen hinter einem schönen Cover, der uns zwei Menschen aufzeigt. Zwei Sichten. Die Sicht eines Opfers, das versucht sich freizukämpfen, und die Sicht eines Täters und wie er zu diesem wurde.
Dabei hält die Autorin sich aber glücklicherweise in gewissen Grenzen, sodass weitaus mehr empfindliche Menschen Teil an dieser Geschichte haben können. Es wird nicht gnadenlos jede Kette gesprengt, dennoch macht Kia Kahawa auf gute Art darauf aufmerksam, dass Opfer es nicht verdient haben, sich selbst nicht mehr als würdiges menschliches Wesen ansehen zu dürfen. Und auch, dass Täter nicht immer nur von Grund auf böse sind.

Damit gibt es eine absolute Kauf- und Leseempfehlung.


Geschrieben von Judith


Links zu “Nachklang der Hoffnung”

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